Das Feldlerchen-Problem

Mehr Informationen? Eine Broschüre über die Feldlerche und das Video einer brütendenen Feldlerche: Hier klicken.

Über den Umgang der Stadt mit der Feldlerche: Hier klicken.

Der Siekanger in Göttingen ist seit jeher Lebensraum der Feldlerche. Deshalb sind wir LeineBÜRGER empört und traurig, dass die GWG und die Verwaltung der Stadt Göttingen die Schutzbestimmungen für diese aussterbende Art so nachlässig handhaben. 

Feldlerche männlicher Jungvogel

10 Tage altes männliches Feldlerchenküken. Foto: Deborah Genini, 2008. Quelle: Zentrales Medienarchiv Wikimedia Commons

Im Bebauungsplan steht:
“Eine weitere Vermeidungsmaßnahme ist die Abstimmung der Bauzeiten außerhalb der Brutzeiten der Feldlerche. So können von vornherein eine Störung der Brutaktivitäten oder der Verlust von Gelegen vermieden werden.”
Quelle: Bebauungsplan Göttingen-Grone Nr. 029 “Gewerbegebiet Siekanger (GVZ)“, Kapitel: B.2.3.1 Vermeidung von Beeinträchtigungen, S. 63 oben. Zum Bebauungsplan: Hier klicken. Die zitierte Textpassage finden Sie auf Seite 66 der PDF.

Erst nachdem wir LeineBÜRGER die Naturschutzbeauftragte der Stadt und verschiedene Umweltverbände informiert hatten, dass seit Mitte März  dem Beginn der Brutzeit der Feldlerche, uneingeschränkt auf dem Siekanger gearbeitet wird, wurde wenigstens ein Teilstück des Siekangers mit rot-weißem Absperrband markiert.

GVZ III Siekanger, Göttingen. Erschließungsarbeiten während der Brutzeit.

Brutzeit der Feldlerche auf dem Siekanger. Doch die Erschließungsarbeiten werden fortgesetzt. Foto: B. Brücher

Nicht nur, dass die Erschließungsarbeiten trotz einer Bauzeitenbeschränkung während der Brutzeit fortgeführt werden. Auch die erforderliche Ausnahmegenehmigung zur Zerstörung eines 34 Hektar großen Lebensraums lag zu Baubeginn nicht vor. Ende Februar teilte die Verwaltung auf Nachfrage mit: “Ein Antrag nach § 45 Abs. 7 BNatSchG wird durch ein Fachplanungsbüro vorbereitet und nach Auskunft des Erschließungsträgers bei der UNB eingereicht.”

Würde nun bei objektiver Prüfung festgestellt, dass keine Ausnahmegenehmigung zur Zerstörung eines Lebensraums der Feldlerche erteilt werden kann, was dann? Inzwischen hat die GWG durch die Erschließungsarbeiten Tatsachen geschaffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Feldlerche auf Baumstumpf. Feldlerche leben auf dem Siekanger in Göttingen.

Foto: Rotbuche, „Feldlerche“, CC-Lizenz (BY 2.0)/Some rights reserved. Quelle: www.piqs.de

Es gibt ein Gutachten über die Vogelpopulation auf dem Siekanger, das bei Aufstellung des Bebauungsplanes 2008 zur Grunde lag.  Dort ist  exakt geschildert, wie nach dem geltenden Naturschutzrecht mit dem ‘Feldlerchen-Problem’ zu verfahren ist:

“Von den geplanten Erschließungsarbeiten für das Gewerbegebiet im Bereich der großen Freiflächen ist die Feldlerche als einzige Art direkt betroffen, da sie einziger Brutvogel auf den überplanten Ackerflächen ist. Von den erforderlichen Rodungsarbeiten im Böschungsbereich sind die 6 Arten Blaumeise, Feldsperling, Gartenrotschwanz, Goldammer, Kohlmeise und Zilpzalp als Brutvögel betroffen, da davon auszugehen ist, dass diese Arten hier auch ihre Nester anlegen.
Sofern die Arbeiten zur Erschließung der Flächen und die Rodung der Böschungsgehölze außerhalb der Brutzeiten (Mitte März bis Mitte Juli) durchgeführt werden (BAUZEITENBESCHRÄNKUNG), treten die Verbotstatbestände nach § 42 (1) Nr. 1 und 2 (Anm. d. Verf.: Bundesnaturschutzgesetz alte Fassung, jetzt § 44 Absatz 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG) nicht ein. Es kommt nicht zu Individuenverlusten und es tritt keine erhebliche Störung ein.”

Quelle: Feldhamster und Avifauna im Bereich “Gewerbegebiet Siekanger“, GÖ-Grone, Juni 2008,  S. 10

“Im Zusammenhang mit den großen Flächenverlusten von als Bruthabitat der Feldlerche geeigneten Ackerflächen (ca. 36 ha) tritt dieser Verbotstatbestand nach § 42 (1) Nr 3 (Anm. d. Verf.: Bundesnaturschutzgesetz alte Fassung, jetzt § 44 Absatz 1 Nr. 3 BNatSchG) … ein, denn es werden große, als Fortpflanzungsstätten geeignete Flächen entnommen bzw. zerstört.
Die Ausnahmeklausel des § 42 (5) (Anm. d. Verf.: Bundesnaturschutzgesetz alte Fassung, jetzt § 44 Absatz 5 BNatSchG) greift hier nicht, weil die ökologische Funktion der vom Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang wegen großflächiger Überbauung und teilw. Versiegelung nicht weiterhin erfüllt werden kann.

Darüber hinaus sind auch in der näheren Umgebung keine weiteren geeigneten Flächen in ausreichender Größe vorhanden, wohin die verdrängten Individuen in der nächsten Brutsaison ausweichen könnten. In diesem Zusammenhang muss auch davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Gefährdungssituation der Art (RL D: V; RL Nds. 3, regionalisierte RL Bergland mit Börden: 3) sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert.

Zerstörung des Siekangers Göttingen

Mit der großräumigen Zerstörung des Lebensraums der streng geschützten Feldlerche auf dem Siekanger wurde Ende Januar 2012 begonnen, bevor die erforderliche Ausnahme-genehigung beantragt wurde. Foto: B. Brücher

Eine Ausnahme nach § 43 (8) (Anm. d. Verf.: Bundesnaturschutzgesetz alte Fassung, jetzt § 45 Absatz 7 BNatSchG) wird erforderlich. In diesem Rahmen ist – neben der Feststellung der Alternativlosigkeit – zu prüfen und zu entscheiden, ob die Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Gesamtpopulation dieser Art nach sich zieht bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes nicht behindert wird und auch in Zukunft möglich ist. Weiterhin müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nachvollziehbar und begründbar geltend gemacht werden.”

Quelle: Feldhamster und Avifauna im Bereich “Gewerbegebiet Siekanger“, GÖ-Grone, Juni 2008,  S. 11

Das Gutachten ‘Feldhamster und Avifauna’ finden Sie hier.

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